Wer kann Ergotherapie verordnen?
Ergotherapeutische Leistungen können alle Vertragsärzt:innen sowie Vertragspsychotherapeut:innen verordnen. Wenn Sie die Maßnahmen aufgrund Ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse überwachen, leiten und beenden können, dann können Sie auch Ergotherapie verordnen. Diagnostische Maßnahmen nach § 6a (Ärztliche Diagnostik) der Heilmittel-Richtlinie können in eigener Durchführung erbracht oder durch Fremdbefunde (auch von Ergotherapeut:innen) belegt werden. Es gibt keine Einschränkung, dass bei bestimmten Diagnosegruppen nur bestimmte Facharztgruppen verordnen dürfen. Beachten Sie aber bitte, dass bei Verordnungen mit den Diagnosegruppen PS 1 bis 4 eine (kinder- und jugend-)psychiatrische oder neuropädiatrische Eingangsdiagnostik gefordert wird.
Wichtig zu wissen!
01
Therapiebeginn
Der Therapiebeginn ist spätestens 28 Tage nach Ausstellung der Verordnung.
Wenn ein früherer Start angeraten ist, dann kreuzen Sie das Feld „dringlicher Behandlungsbedarf“ an, dann beginnt die Therapie innerhalb von 14 Tagen.
03
Doppelbehandlungen
In der Heilmittel-Richtlinie ist seit 2021 die Verordnung von „Doppelbehandlungen“ geregelt. Dies sind Therapietermine, bei denen zwei Behandlungseinheiten zeitlich hintereinander erbracht werden, also die Dauer verdoppelt wird. Die Belastungserprobung wird seit Anfang 2022 ebenfalls „als Doppelbehandlung“ verordnet, und zwar bei der psychisch-funktionellen Behandlung.
02
Patienteninformationen
Für eine erfolgreiche Therapie ist es entscheidend, dass der Therapeut ein möglichst vollständiges Bild von dem Patienten hat – geben Sie auf der Verordnung daher relevante Begleitdiagnosen, Medikation oder andere wichtige Informationen an.
04
Heilmittel-Budget
Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Richtgrößen sind in Verträgen der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenkassen geregelt. Um Patient:innen mit den medizinisch notwendigen Heilmitteln versorgen zu können, ist die Kenntnis der Richtgrößen, der Besonderen Verordnungsbedarfe und des Langfristigen Heilmittelbedarfs wichtig. Die jeweils für Sie geltenden Richtgrößen finden Sie auf der Homepage Ihrer Kassenärztlichen Vereinigung.
05
Ergotherapie-Verordnung
Siehe Krankheitsbilder und Diagnosen. Außerdem ist die Verordnung von Ergotherapie für viele Patientengruppen erleichtert, da es seit 2013 bundeseinheitliche Listen mit den Diagnosen zum Besonderen Verordnungsbedarf und Langfristigem Heilmittelbedarf gibt.
Weitere Erläuterungen sowie die beiden Diagnoselisten finden Sie in der Broschüre „Rund um die Ergotherapie-Verordnung“, die Sie gerne kostenlos beim DVE anfordern können.
Krankheitsbilder und Diagnosen
mit denen Sie zu uns verweisen können
Kinder/Jugendliche, Erwachsene, Senioren
Angst- und Zwangsstörungen, Belastungs- und Anpassungsstörungen, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, affektiven Störungen wie Depressionen und Manien bis hin zu Psychosen sowie Suchterkrankungen u.a. Alkohol-, Drogen-, Medikamenten- und (Glücks-)Spielsucht sowie Süchte der neuen Medien.
Auftretende alterstypische Erkrankungen der Patient:innen in verschiedenen Lebensphasen u.a. Entwicklungs- und Verhaltensstörungen mit Beginn in Kindheit und Jugend oder – häufig bei Menschen im höheren Lebensalter – demenzielle Syndrome und Mehrfacherkrankungen.
Mögliche Therapieziele
Ermittlung, Stabilisierung, Förderung und (Wieder-)Herstellung von folgenden Bereichen.
Psychische Grundleistungsfunktionen
U.a. Antrieb, Motivation, Belastbarkeit, Ausdauer
Emotionale Kompetenzen
u.a. psychische Stabilität, Gefühlsausdruck, Erlebnisfähigkeit
Introspektion
Und realitätsbezogener Selbst-und Fremdwahrnehmung und - einschätzung
Positives Selbstbild
Selbstvertrauen und Ich-Stärke
Kommunikation
Und Interaktionsfähigkeit, sowie soziale Kompetenzen
Kognitive Funktionen
U.a. Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit
Situationsgerechtes Verhalten
Sowie arbeitsrelevante Fähigkeiten (z.B. Pünktlichkeit, Flexibilität und Selbsorganisation)
Lebenspraktische Fähigkeiten
Und Entwicklung von Strategien zur Selbstfürsorge, Selbstversorgung und Selbstständigkeit
Ergotherapie im Bereich Pädiatrie
z.B. Kindern und Jugendlichen angefangen vom Säuglingsalter, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind und damit eine Beeinträchtigung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben des Kindes und seiner Familie droht oder bereits besteht.
Bestehende Störungen des Bewegungsablaufs in Folge von Hirnschädigungen, vielfach auch Entwicklungsstörungen motorischer Funktionen (Grobmotorik und Feinmotorik). Beeinträchtigung der Koordination, sodass Tätigkeiten nur bedingt oder überhaupt nicht ausgeführt werden können. Sinnesbehinderungen und Beeinträchtigungen der kognitiven Entwicklung im Zusammenhang mit Wahrnehmungsstörungen, z. B. auditive Wahrnehmung (Hörfähigkeit) und visuelle Wahrnehmung (Sehfähigkeit), die wiederum zu Störungen in der Sozialentwicklung und Kommunikationsfähigkeit führen.
Das große Spektrum der Krankheitsbilder und Diagnosen in der Pädiatrie beinhaltet sowohl pränatale (vorgeburtliche) Syndrome (z. B. Trisomie 21) als auch psychische Erkrankungen (z.B. Essstörungen) und bietet viele Entwicklungschancen, die in der Ergotherapie genau erfasst und verfolgt werden.
Mögliche Therapieziel und Aufgaben
Identifizierung der Probleme
Identifizierung der Probleme des Kindes bei der Betätigung in Alltag, Kindergarten/Schule und Freizeit
Behandlungsziele
Festlegung konkreter Behandlungsziele (je nach Alter) gemeinsam mit dem Kind und seiner Familie und anderen Bezugspersonen
Körperliche & kognitive Fähigkeiten
Genaue Beobachtung und Förderung körperlicher und kognitiver (geistiger)
Fähigkeiten des Kindes
Umwelteinflüsse
Genaue Beobachtung der auf das Kind einwirkenden Umwelteinflüsse
(Umweltfaktoren), einschließlich der Interaktionen zwischen Kind und Eltern
Handlungsmöglichkeiten
Unterstützung von Handlungen und Handlungsmöglichkeiten des Kindes (besonders unter Berücksichtigung von alterstypischen und individuellen Entwicklungsfortschritten)
Psychische Stabilität
Förderung von psychischer Stabilität und Selbstvertrauen
(z. B. bei Essstörungen)
Soziale Kompetenzen
Förderung sozialer Kompetenzen (z.B. bei Autismus)
Kognitive Funktion
Unterstützung kognitiver Funktionen (z. B. Konzentration und Merkfähigkeit, Orientierung zu Person, Zeit und Raum, Wahrnehmungsselektion und - verarbeitung)
Körperliche Funktion
Unterstützung körperlicher Funktionen (Beweglichkeit und Geschicklichkeit)
Ergotherapie hat in diesem Kontext zum einen eine übergreifende und beratende Aufgabe, zum anderen werden auch konkrete Maßnahmen angeboten (Entspannungsverfahren, Ressourcentraining)
Weiterhin werden sowohl die Aspekte der Verhaltens- wie auch der Verhältnisprävention berücksichtigt, also das individuelle gesundheitsgerechte Verhalten sowie die Gestaltung gesundheitsförderlicher Strukturen.